Cats and Secrets
Interview: Amanda Delmar, Albany Times Union
Herr Hard, Sie haben sich einige Zeit in der New Yorker Off-Broadway-Szene hervor getan, dann ist es anscheinend still um Sie geworden. Was, um Himmels Willen, machen Sie in den Wäldern?
Ich habe von einem Freund die Hütte zur kostenlosen Verfügung und arbeite an einer größeren Sache. Ich genieße die herrlich klare Luft, die Laubfärbung und dass ich den Tag so gestalten kann, wie es mir gefällt. Wenn ich keine Lust habe, aufzustehen, stehe ich eben nicht auf. Oder wenn ich am Schreiben bin, kann es passieren, dass ich eine Nacht durcharbeite. Ansonsten hacke ich Holz und mache ganz essentielle Dinge, die dem Leben einen Sinn geben, den man als Städter leicht mal aus den Augen verliert.
Sie betreiben zusammen mit einer deutschen Autorin einen Blog, auf dem Sie monatlich eine Short Story veröffentlichen. Wie ist es zu dieser Zusammenarbeit gekommen?
Wir haben uns in der Schweiz kennen gelernt. Anna war zu dieser Zeit verheiratet und ich habe katholische Theologie studiert. Da führte also kein Weg rein, wenn Sie verstehen, was ich meine. Wir haben uns auf einen platonischen Austausch geeinigt.
Ihre Short Stories sind allerdings erotisch.
Das blieb nicht aus.
Die Seite heißt „Short, but tender“. Wie zart oder wie fleischlich ist für die Autoren Erotik?
Darüber haben wir ziemlich verschiedene Auffassungen, das ist im Austausch über die Texte immer klarer geworden. Für Anna lautet das Experiment, dass sie so schreiben will wie ein männlicher Autor und ich muss gestehen, manchmal bin ich ein wenig geschockt, was dabei rauskommt.
Wie sieht Ihre Zusammenarbeit im Einzelnen aus?
Kein Text wird ohne das Gegenlesen durch den anderen veröffentlicht und mitunter gibt es dann eine zweite oder dritte Fassung. Wir unterzeichnen beide mit „Autor.in“, das ist im Deutschen eine Zusammenfassung von der männlichen und weiblichen Form für Schriftsteller.
Streiten Sie sich auch manchmal?
Eigentlich ist alles sehr spannend und konstruktiv. Aber einmal habe ich einen Text von ihr zu frei übersetzt und sie war so ärgerlich, dass wir fast ein halbes Jahr keinen Kontakt hatten. Aber das kann schnell mal passieren, wenn man sich den Text des anderen zu sehr zu eigen macht.
Haben Sie versucht, die Texte in Buchform zu veröffentlichen?
Einige sind schon in Anthologien erschienen. Die deutschen Verlage meinen, dass Short Stories keiner kauft. Das ist total paradox, weil mir die Leute immer sagen, dass sie am liebsten abgeschlossene kurze Geschichten lesen, zum Beispiel abends im Bett. Und die Besucherzahlen auf dem Weblog sprechen für sich. Innerhalb von ein paar Wochen wurde manche Story schon hundert oder zweihundert Mal gelesen. Die Sachen, die wir probehalber Verlagen angeboten haben, waren denen für Erotik zu literarisch und für Literatur zu erotisch und manche Stories zu sexuell, das ist so ein weiteres Beispiel für Schubladendenken.
Amos Hard ist Ihr Schreibpseudonym. Warum sind Sie nicht bei Ihrem Namen geblieben?
Ich wollte noch mal eine neue Fassette meiner Persönlichkeit ausprobieren. Ich habe mal eine Weile Gesangsunterricht genommen, weil es doch immer heißt, jeder Mensch kann singen lernen. Es ist mir ungeheuer schwer gefallen, mich vor jemanden zu stellen und einen Ton heraus zu lassen. Da habe ich mir vorgestellt, ich sei nicht ich, sondern Pavarotti – und es hat funktioniert, für mich jedenfalls.
Was haben die Geschichten mit Katzen zu tun?
Katzen sind sinnliche, eigenwillige Tiere. Man kann sie nicht an eine Leine nehmen. Wenn man ihnen Kunststücke beibringen will, machen sie eine Weile mit, bis es ihnen zu blöd wird und sie ihrer Wege gehen. Bei uns symbolisieren sie etwas Triebhaftes, das sehr geformt wird und irgendwie um die Grenze von Subtilem zu Offensichtlichem herum schwänzelt.
Übersetzung: Anna Kaleri
Herr Hard, Sie haben sich einige Zeit in der New Yorker Off-Broadway-Szene hervor getan, dann ist es anscheinend still um Sie geworden. Was, um Himmels Willen, machen Sie in den Wäldern?
Ich habe von einem Freund die Hütte zur kostenlosen Verfügung und arbeite an einer größeren Sache. Ich genieße die herrlich klare Luft, die Laubfärbung und dass ich den Tag so gestalten kann, wie es mir gefällt. Wenn ich keine Lust habe, aufzustehen, stehe ich eben nicht auf. Oder wenn ich am Schreiben bin, kann es passieren, dass ich eine Nacht durcharbeite. Ansonsten hacke ich Holz und mache ganz essentielle Dinge, die dem Leben einen Sinn geben, den man als Städter leicht mal aus den Augen verliert.
Sie betreiben zusammen mit einer deutschen Autorin einen Blog, auf dem Sie monatlich eine Short Story veröffentlichen. Wie ist es zu dieser Zusammenarbeit gekommen?
Wir haben uns in der Schweiz kennen gelernt. Anna war zu dieser Zeit verheiratet und ich habe katholische Theologie studiert. Da führte also kein Weg rein, wenn Sie verstehen, was ich meine. Wir haben uns auf einen platonischen Austausch geeinigt.
Ihre Short Stories sind allerdings erotisch.
Das blieb nicht aus.
Die Seite heißt „Short, but tender“. Wie zart oder wie fleischlich ist für die Autoren Erotik?
Darüber haben wir ziemlich verschiedene Auffassungen, das ist im Austausch über die Texte immer klarer geworden. Für Anna lautet das Experiment, dass sie so schreiben will wie ein männlicher Autor und ich muss gestehen, manchmal bin ich ein wenig geschockt, was dabei rauskommt.
Wie sieht Ihre Zusammenarbeit im Einzelnen aus?
Kein Text wird ohne das Gegenlesen durch den anderen veröffentlicht und mitunter gibt es dann eine zweite oder dritte Fassung. Wir unterzeichnen beide mit „Autor.in“, das ist im Deutschen eine Zusammenfassung von der männlichen und weiblichen Form für Schriftsteller.
Streiten Sie sich auch manchmal?
Eigentlich ist alles sehr spannend und konstruktiv. Aber einmal habe ich einen Text von ihr zu frei übersetzt und sie war so ärgerlich, dass wir fast ein halbes Jahr keinen Kontakt hatten. Aber das kann schnell mal passieren, wenn man sich den Text des anderen zu sehr zu eigen macht.
Haben Sie versucht, die Texte in Buchform zu veröffentlichen?
Einige sind schon in Anthologien erschienen. Die deutschen Verlage meinen, dass Short Stories keiner kauft. Das ist total paradox, weil mir die Leute immer sagen, dass sie am liebsten abgeschlossene kurze Geschichten lesen, zum Beispiel abends im Bett. Und die Besucherzahlen auf dem Weblog sprechen für sich. Innerhalb von ein paar Wochen wurde manche Story schon hundert oder zweihundert Mal gelesen. Die Sachen, die wir probehalber Verlagen angeboten haben, waren denen für Erotik zu literarisch und für Literatur zu erotisch und manche Stories zu sexuell, das ist so ein weiteres Beispiel für Schubladendenken.
Amos Hard ist Ihr Schreibpseudonym. Warum sind Sie nicht bei Ihrem Namen geblieben?
Ich wollte noch mal eine neue Fassette meiner Persönlichkeit ausprobieren. Ich habe mal eine Weile Gesangsunterricht genommen, weil es doch immer heißt, jeder Mensch kann singen lernen. Es ist mir ungeheuer schwer gefallen, mich vor jemanden zu stellen und einen Ton heraus zu lassen. Da habe ich mir vorgestellt, ich sei nicht ich, sondern Pavarotti – und es hat funktioniert, für mich jedenfalls.
Was haben die Geschichten mit Katzen zu tun?
Katzen sind sinnliche, eigenwillige Tiere. Man kann sie nicht an eine Leine nehmen. Wenn man ihnen Kunststücke beibringen will, machen sie eine Weile mit, bis es ihnen zu blöd wird und sie ihrer Wege gehen. Bei uns symbolisieren sie etwas Triebhaftes, das sehr geformt wird und irgendwie um die Grenze von Subtilem zu Offensichtlichem herum schwänzelt.
Übersetzung: Anna Kaleri
Autor.in - 12. Sep, 13:38
1202mal gelesen
Talakallea Thymon - 14. Sep, 08:08
Schleiffläche ist großartig. Ich liebe diese manchmal etwas steifen, manchmal polternden, aber durchaus auch eine spröde Würde ausstrahlenden Eindeutschungen. Werde dieses Kleinod in meine Sammlung aufnehmen und es zu Schönheiten wie Lichtzeichenanlage, Fernbildschreiber und Kapselheber stellen.
Autor.in - 14. Sep, 10:12
Unekelhafte Erklärung?
Jesus Maria, was ist denn ein Kapselheber? Das klingt danach, ein Medikament, das schon mal im Magen war, wieder nach oben zu befördern...
Talakallea Thymon - 14. Sep, 10:15
Sehr phantasievolle Deutung!
In Wahrheit ist es der technische Ausdruck für einen Flaschenöffner.
In Wahrheit ist es der technische Ausdruck für einen Flaschenöffner.
Autor.in - 14. Sep, 19:38
Selbst Techniker...
... haben also Phantasie, darauf wär ich im Leben nie gekommen. Haben Sie noch weitere Beispiele für die Blüten der Technokratie? Und so nebenbei, was bedeutet das Wort "fix" für Sie?
Talakallea Thymon - 17. Sep, 14:10
Zum Thema "fix" steht hier etwas.
Weitere technosemantische Perlen sind natürlich all die Wörter, die von den Technikern in, man möchte vermuten, boshafter Absicht unter kompletter Mißachtung des Vorhandenseins von gängigen Alltagsvokabeln geprägt wurden und werden. Beispiele sind die Glühbirne, die der Techniker hartnäckig als Glühlampe bezeichnen will, oder der notorische Schraubendreher. "Lichtzeichenanlage" hatte ich ja schon erwähnt. Mein Fahrlehrer sprach auch nie von einem "Automatikwagen", sondern stets nur umständlich und in Atemnot von einem "Kraftfahrzeug mit automatischer Kraftübertragung".
Eine wahre Schatzgrube ist natürlich die Jagdsprache. Aber das führt hier zu weit.
Weitere technosemantische Perlen sind natürlich all die Wörter, die von den Technikern in, man möchte vermuten, boshafter Absicht unter kompletter Mißachtung des Vorhandenseins von gängigen Alltagsvokabeln geprägt wurden und werden. Beispiele sind die Glühbirne, die der Techniker hartnäckig als Glühlampe bezeichnen will, oder der notorische Schraubendreher. "Lichtzeichenanlage" hatte ich ja schon erwähnt. Mein Fahrlehrer sprach auch nie von einem "Automatikwagen", sondern stets nur umständlich und in Atemnot von einem "Kraftfahrzeug mit automatischer Kraftübertragung".
Eine wahre Schatzgrube ist natürlich die Jagdsprache. Aber das führt hier zu weit.
Autor.in - 18. Sep, 11:00
Ich meinte eigentlich die zwittrigen Auffassungen zu den fixen Ideen - l'idée fixe ist dass nun eine spontane Eingebung oder eine Idee, die sich festgesetzt hat?
Aber Jägerlatein wäre auch spannend, lassen Sie mal hören.
Aber Jägerlatein wäre auch spannend, lassen Sie mal hören.
Talakallea Thymon - 18. Sep, 11:17
ich war bislang immer der ansicht, idée fixe oder auch verdeutscht fixe idee bezeichne immer nur so etwas wie eine ans wahnhafte grenzende vorstellung, die man nicht mehr los wird, zwangsvorstellung, könnte man sagen. ich muß dabei jedenfalls immer an Berlioz denken. andererseits ist es auch der name eines berühmten hundes.
jäger haben auch die angewohnheit, die dinge nicht bei ihrem (volkstymlichen) namen zu nennen. hier liegt aber wohl ein tabuphänomen vor (nenne den fuchs nicht beim namen, sonst läuft er davon). leider kenne ic nur wenige beispiele: für "Blut" sagt der waidmann Schweiß, für "Huf" Schale.
Auf der Wikipedia gibt es s.v. "Jägersprache" eine lange liste. dito auch für die bergmannssprache, die ich auch sehr faszinierend finde. besonders gefällt mir der ausdruck schlagende wetter für methangasanreicherungen in der stollenluft.
jäger haben auch die angewohnheit, die dinge nicht bei ihrem (volkstymlichen) namen zu nennen. hier liegt aber wohl ein tabuphänomen vor (nenne den fuchs nicht beim namen, sonst läuft er davon). leider kenne ic nur wenige beispiele: für "Blut" sagt der waidmann Schweiß, für "Huf" Schale.
Auf der Wikipedia gibt es s.v. "Jägersprache" eine lange liste. dito auch für die bergmannssprache, die ich auch sehr faszinierend finde. besonders gefällt mir der ausdruck schlagende wetter für methangasanreicherungen in der stollenluft.
Autor.in - 23. Sep, 19:31
sorry für die späte Replik. Wie wärs damit, das Unwörtliche mal beim Wort zu nehmen? Zum Beispiel war heute das Wetter schlagend und der Schweiß rann durch meine Adern...
Talakallea Thymon - 23. Sep, 20:32
nächste woche sollen die wetter ja leider wieder matt werden ... übrigens ist schweiß immer außerhalb des körpers ... also entweder, Sie haben sich geirrt, oder Ihre bemerkung läßt auf gewisse vampirische tendenzen schließen?
Autor.in - 24. Sep, 14:13
Namnamnam, aber nur Menschenschweiß
Talakallea Thymon - 24. Sep, 17:07
versteht sich; mir schmeckt auch kein anderer. mmmh, so ein frischgebissener und gesaugter menschenschweiß ... das wär jetzt was.
kurt_starke - 25. Sep, 12:55
Zwitterwesen
sind scheinbar wenigstens keine Kanibalen :-]
Aber: Fassette mit Doppel-s? Ist das schon wieder 'ne neue Orthographie? Oder die neue alte oder die alte neue?
Eingedeutscht