Staubtrockenheit
Sie sind überall. Mit ihren Brillen und streng nach hinten gekämmten Pferdeschwänzen, die unsere angehenden Akademikerinnen aussehen lassen wie Zwölfjährige. Mit überpuderten Pickeln, weggespartem Lippenstift. Sie tragen Hosen, körperbetont mit der Betonung auf wenig ausgewogene und schon gar nicht wogende Hinterteile. In der Linguistik ist es das Gleiche wie in den Naturwissenschaften und in der Abteilung für Psychologie. Nur in die Kulturwissenschaften verirren sich vereinzelt praktizierende Ästhetinnen, die jedoch, wenn ich das nächste Mal aufblicke, eine besitzergreifende Pranke auf ihrer Schulter liegen haben. Von einem männlichen Wesen, das eher zur ersten Kategorie Frau gepasst hätte, versteht sich.
Heute erklimme ich, meine Bücher unter dem Arm, die Wendeltreppe zur Philosophie. Das Thema für mein Referat hat mich nach einer halben Stunde des Ringens gepackt. Nach zwei Stunden jedoch fangen die Buchstaben unter meinen Augen an zu einem hellgrauen Brei zu verfließen und mir wird klar, dass der Inhalt der Zeilen schon seit der letzten Seite nicht mehr zu mir vorgedrungen war. Ich lege die Brille beiseite und breite die Arme über meinen Spiralblock und lege den Kopf in die weiche Mulde. Das Papier bildet eine Isolationsschicht zwischen meiner Wange und der Nacktheit des lackierten Holzes. Nirgends kann man so wunderbar schlafen wie in einer Bibliothek. Die gedämpften Geräusche verwischen zu dem so genannten weißen Rauschen, das einen an die Zeit im Mutterleib erinnern soll.
Ich hörte eine weiche Stimme. Sie ließ mich aus dem Uterus auftauchen und am Ufer der Realität stranden, wo allerdings ein sehr weich gezeichnetes Dekolleté in meinen Blick fiel. Ich setzte die Brille auf und war begeistert darüber, dass der Weichzeichner nur unwesentlich nachließ.
Du hast das einzige Exemplar, sagte die weiche Stimme.
(...)
weiterlesen im E-Book SECHS Shortstories
Heute erklimme ich, meine Bücher unter dem Arm, die Wendeltreppe zur Philosophie. Das Thema für mein Referat hat mich nach einer halben Stunde des Ringens gepackt. Nach zwei Stunden jedoch fangen die Buchstaben unter meinen Augen an zu einem hellgrauen Brei zu verfließen und mir wird klar, dass der Inhalt der Zeilen schon seit der letzten Seite nicht mehr zu mir vorgedrungen war. Ich lege die Brille beiseite und breite die Arme über meinen Spiralblock und lege den Kopf in die weiche Mulde. Das Papier bildet eine Isolationsschicht zwischen meiner Wange und der Nacktheit des lackierten Holzes. Nirgends kann man so wunderbar schlafen wie in einer Bibliothek. Die gedämpften Geräusche verwischen zu dem so genannten weißen Rauschen, das einen an die Zeit im Mutterleib erinnern soll.
Ich hörte eine weiche Stimme. Sie ließ mich aus dem Uterus auftauchen und am Ufer der Realität stranden, wo allerdings ein sehr weich gezeichnetes Dekolleté in meinen Blick fiel. Ich setzte die Brille auf und war begeistert darüber, dass der Weichzeichner nur unwesentlich nachließ.
Du hast das einzige Exemplar, sagte die weiche Stimme.
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Autor.in - 1. Feb, 11:01
3138mal gelesen
Talakallea Thymon - 14. Feb, 10:44
nicht nur das. berühmt sind sie für ihre eigenwillige persönlichkeit und für ein rätselhaftes -- ein noch immer nach funktion und entstehung ungeklärtes phänomen -- kehlgeräusch.
Autor.in - 14. Feb, 21:11
Der Phelidenrat
berät noch über das menschliche Unwort des Jahres, Kehlgeräusch steht auf der Liste an vorderer Stelle. Man schüttelt die Graubärte mit Spitzengefühl über solch mechanisierende Ausdrucksweise für diese zwar sonderbare, aber zutiefst wohlige phelidische Äußerung -die sich übrigens auch einige Menschen unter Führung zartpfotiger Lehrer angeeignet haben.
Talakallea Thymon - 14. Feb, 21:21
Aha. Und wie machen die Menschen das? Vielleicht käme man durch eine Untersuchung dieser Nachahmer und Lehrlinge dem Geheimnis des Kehl- ... äh, des Fremors näher.
Die unschöne Worbildung ist natürlich schon deshalb abzulehnen, da haben Sie völlig recht, weil sie einen bestimmten Ort der Lauterzeugung unterstellt; dabei ist noch nicht einmal sicher, daß besagtes Geräusch seinen Ursprung in der Kehle hat.
Die unschöne Worbildung ist natürlich schon deshalb abzulehnen, da haben Sie völlig recht, weil sie einen bestimmten Ort der Lauterzeugung unterstellt; dabei ist noch nicht einmal sicher, daß besagtes Geräusch seinen Ursprung in der Kehle hat.
Autor.in - 15. Feb, 15:18
Der genaue Ort sind die Stimmlippen, die am Anfang der Luftröhre zum Schwingen kommen, dazu braucht man ein gewisses Verhältnis von Entspanntheit und Anspannung...
traumschleifen, -abtauchungen und -zerspringungen scheinen ebenso ein roter faden zu sein wie gewisse, mh, Feliden.
im februar scheint es bei Ihnen wieder etwas expliziter zuzugehen ... aber das speichelpfützenfeuchte erwachen entschädigt fast wieder für das doch recht plakative "warme und feuchte in der körpermitte" (ein bißchen sehr offensichtlich, finden Sie nicht?).
Die Januarkatze
Wie explizit kann ein Text werden, ohne ins Schmuddlige zu kippen?
Und wie leise kann etwas sein, um trotzdem gehoert zu werden? Das ist eine Sache, die man nur durch Probieren heraus finden kann.
Helfen Sie mir auf den Sprung mit "Feliden"?
...
Oh, merci beaucoup, ich habs beim googlen gefunden: es sind Wesen mit einem ungewöhnlichen Zapfen-/Stäbchen-Verhältnis...