Ein Tag wie jeder
Als ich nach einer Erledigung, die länger gedauert hatte als erwartet, aus dem marmorkalten Inneren der Bank ins Freie trat, bahnte sich ein Hupgeräusch den Weg durch die dröhnende Eintönigkeit des Großstadtverkehrs. Ich sah eine junge Frau unter dem morgenblauen Himmel in der offnen Tür ihres Wagens stehen. Der routinemäßige Wechsel von Hupe drücken und - loslassen hinterließ in ihrem Gesicht weder Anzeichen von Wut noch Resignation. Das Auto, das ihr die Möglichkeit zum Wegfahren versperrte, war meines. Ich bediente die Fernbedienung erst, als ich schon vor der Fahrertür stand und hoffte, dass die Frau das unterdrückte Quietschen der Verriegelung als eine Art Entschuldigung auffasste. Ich schaltete gedankenlos den Motor ein und sah beim Blick über die Schulter, dass die Frau noch immer in der Tür ihres Wagens stand. Die Sonne fiel direkt in ihre Augen. Ihr helles Haar wurde umgeben von einem rötlich goldenen Schein.
Ich ließ die Scheibe herunter.
Wollen Sie einen Kaffee mit mir trinken?
Sie sah mich an, irgendwie erwachend und ohne Zornesausbruch.
Ja, warum nicht, erwiderte sie langsam.
Ich kenne um die Ecke einen netten Platz, sagte ich, meine Ungläubigkeit überspielend.
Sie sagte, dass sie wohl einen ganz passablen Parkplatz hätte. Sie schloss ihr Auto ab, stieg in meinen Wagen und ich fuhr wie in Trance durch die Stadt, in der ich schon immer lebe und erinnerte mich doch nur vage, manche Ecken schon einmal gesehen zu haben. Wir fanden einen Parkplatz nahe dem Stadtpark. Ein paar Momente später schritt sie neben mir her, die Kiesel knirschten unter den Füßen. Über den Teich schwappte Gitarrenmusik, jemand, den man nicht sehen konnte, klimperte „Stairways to heaven“. Als hätte sie erraten, was mir diffus durch den Kopf ging, schmunzelte sie hörbar, während wir drei, vier Stufen erklommen und auf ein leeres Parkcafé zusteuerten.
Was hatten Sie denn heute noch vor, mit Ihrem Tag?, fragte ich.
Das erzähl ich Ihnen später. Erst sind Sie dran.
Ich sah eine gefleckte Katze vor einer Reihe von Büschen entlang huschen und fragte mich, wie sie hier her kam und vor allem, wie wieder heraus, über all die schwer befahrenen Straßen, die den Park umgaben.
Mein Tag?, sagte ich. Ganz gewöhnlich, ein paar Termine, Mails schreiben, Kalkulationen, am Abend ein Essen mit Geschäftspartnern.
Ich entschuldigte mich nach diesem Stichwort, rief im Büro an, schwindelte fließend und gelinde in das Mobiltelefon und schaltete es aus.
Nun Sie, sagte ich und wagte, ihre ausgestreckt auf dem Tisch liegende Rechte mit meinen Händen einzuzäunen. Einzumauern. Ich nahm eine Hand wieder weg.
Ich wäre mit dem Zug elf Uhr fünfundvierzig nach Barcelona gefahren, um dort morgen zu heiraten.
Oh, gratuliere, sagte ich reflexartig. Ich schaute eine Weile auf das Wasser. Der unsichtbare Gitarrenspieler suchte gerade in seinen Noten.
... demnächst zu Ende zu hören
Ich ließ die Scheibe herunter.
Wollen Sie einen Kaffee mit mir trinken?
Sie sah mich an, irgendwie erwachend und ohne Zornesausbruch.
Ja, warum nicht, erwiderte sie langsam.
Ich kenne um die Ecke einen netten Platz, sagte ich, meine Ungläubigkeit überspielend.
Sie sagte, dass sie wohl einen ganz passablen Parkplatz hätte. Sie schloss ihr Auto ab, stieg in meinen Wagen und ich fuhr wie in Trance durch die Stadt, in der ich schon immer lebe und erinnerte mich doch nur vage, manche Ecken schon einmal gesehen zu haben. Wir fanden einen Parkplatz nahe dem Stadtpark. Ein paar Momente später schritt sie neben mir her, die Kiesel knirschten unter den Füßen. Über den Teich schwappte Gitarrenmusik, jemand, den man nicht sehen konnte, klimperte „Stairways to heaven“. Als hätte sie erraten, was mir diffus durch den Kopf ging, schmunzelte sie hörbar, während wir drei, vier Stufen erklommen und auf ein leeres Parkcafé zusteuerten.
Was hatten Sie denn heute noch vor, mit Ihrem Tag?, fragte ich.
Das erzähl ich Ihnen später. Erst sind Sie dran.
Ich sah eine gefleckte Katze vor einer Reihe von Büschen entlang huschen und fragte mich, wie sie hier her kam und vor allem, wie wieder heraus, über all die schwer befahrenen Straßen, die den Park umgaben.
Mein Tag?, sagte ich. Ganz gewöhnlich, ein paar Termine, Mails schreiben, Kalkulationen, am Abend ein Essen mit Geschäftspartnern.
Ich entschuldigte mich nach diesem Stichwort, rief im Büro an, schwindelte fließend und gelinde in das Mobiltelefon und schaltete es aus.
Nun Sie, sagte ich und wagte, ihre ausgestreckt auf dem Tisch liegende Rechte mit meinen Händen einzuzäunen. Einzumauern. Ich nahm eine Hand wieder weg.
Ich wäre mit dem Zug elf Uhr fünfundvierzig nach Barcelona gefahren, um dort morgen zu heiraten.
Oh, gratuliere, sagte ich reflexartig. Ich schaute eine Weile auf das Wasser. Der unsichtbare Gitarrenspieler suchte gerade in seinen Noten.
... demnächst zu Ende zu hören
Autor.in - 1. Nov, 09:30
1273mal gelesen
Talakallea Thymon - 29. Nov, 09:45
In der griechischen Mythologie sind die Nymphen allerdings nicht die Verführerinnen (das machen die Sirenen), sondern die (stets keuschen) Bedrängten, Belästigten, und -- Vergewaltigten, sehr oft. Einige der schönsten mythologischen Erzählungen handeln indes davon, wie sich eine Nymphe entzieht (oder von einem um Hilfe angeflehten Gott gerettet wird), indem sie sich verwandelt. Daphne etwa in einen Lorbeerbaum oder Syrinx in Schilfrohr. Io oder Callisto dagegen konnten sich nicht erfolgreich wehren ...
LadyMarguerite - 29. Nov, 10:00
Es gibt solche und solche Nymphen - wie es solche und solche Frauen gibt. Manche von ihnen wurden bedrängt, andere dagegen verführen - man denke nur an Kalypso oder Circe.
Sirenen verführen nicht, sie locken in den Tod.
Sirenen verführen nicht, sie locken in den Tod.
Talakallea Thymon - 29. Nov, 10:09
Sie verführen nicht sexuell (und die Verführung endet mit dem Tod des Verführten), aber ein Verführen ist das allemal, wie ich meine. (Von mir aus "Locken", was in meinem internen Lexikon fast synomym ist)
Ich bin nicht sicher, ob Circe wirklich zu den Nymphen ("kleinere" Naturgottheiten und als solche Hüterinnen von Bäumen, Quellen, Wäldern und Grotten) zu zählen ist. Und Kalypso verführt doch auch nicht, oder? Sie hat doch nur gute Absichten, soweit von einem Verliebten gute Absichten (außer für sich selbst) überhaupt zu erwarten sind. Schließlich will sie Odysseus' Unsterblichkeit (aus egoistischen Gründen, klar.
Ich forsche mal ein bißchen.
Ich bin nicht sicher, ob Circe wirklich zu den Nymphen ("kleinere" Naturgottheiten und als solche Hüterinnen von Bäumen, Quellen, Wäldern und Grotten) zu zählen ist. Und Kalypso verführt doch auch nicht, oder? Sie hat doch nur gute Absichten, soweit von einem Verliebten gute Absichten (außer für sich selbst) überhaupt zu erwarten sind. Schließlich will sie Odysseus' Unsterblichkeit (aus egoistischen Gründen, klar.
Ich forsche mal ein bißchen.
Autor.in - 29. Nov, 19:05
Ich bin vernymphtig becirct,
von Ihren zwiestimmig-mythologischen Ein- und Entführungen. Freue mich auf weitere Ur(ge)schichten!
Mir gefällt der Text, er hat etwas Surreales an sich, ist wie eine Insel, vielleicht wie die der Kalypso ... obwohl sie hier ebenfalls ein kleines bißchen gefangen ist.
Das einzige, was mich stört, ist die häufige Verwendung solch (mir kommt es so vor) hochgestochener Begriffe wie "gelinde" oder "Kontenance" ... ich finde, das kann man besser umschreiben.
wenn wir schon bei Fremdwörtern sind...
[Braut, Jungfrau]: 1. weibliche Naturgottheit des griechischen Volksglaubens, 2. Larve der Insekten, die bereits Anlagen zu Flügeln besitzt
(Ich, für mich, persönlich, setze Nymphen mit femmes fatales gleich ... etwas sanfteren, subtileren.)
Kleines Suchspiel
"Du, sag mal, bin ich meiner Oma ähnlich?"
Er sah mich an und sagte, dass er meine Oma doch gar nicht kenne.
"Ich meine, unselbstständig und vom Männerbild abhängig?"
"Ne KLeine, du bist höchstens nymphoman."
Nymphe, das gefiel mir. Und zu Hause war es jetzt schön warm.